Sonntag, 29. Juli 2018

Rasur oder Operationen - wie wir Katastrophen vermeiden.

Update zu: Eine Klinik ohne Krankenhausinfektion.

Vorbemerkung

Kürzlich las ich von einer 41-jährigen Frau in England, die sich eine scheinbar harmlose Schnittwunde bei der Rasur des Beines zuzog und die später wegen einer nicht beherrschbaren Infektion mit vielfach resistenten Keimen in eine Sepsis verfiel und das Bein verlor. Ihr Bein musste schrittweise zweimal amputiert werden, damit sie überleben konnte. Selbst die Heilung der Wunde an ihrem nur noch wenige Zentimeter langen Oberschenkelstumpf benötigte weitere fünf Monate. 
Die bedauernswerte Frau könnte ihr Bein noch besitzen. Infizierte Operationswunden könnten der Vergangenheit angehören!

Wie fing unser Erkenntnisprozess an?

Mit einer aufmerksamen OP-Schwester begannen vor 25 Jahren meine Überlegungen zur Vermeidung von chirurgischen Infektionen. Die Mitarbeiterin hatte schon 1996 beobachtet, dass nach der Rasur ihrer Beine keine juckenden, roten Punkte auftraten, wenn sie unser biomimetisches Defensin auf die Beine auftrug. Was passiert für unser Auge unsichtbar bei der Rasur auf der Haut, wenn die Haare von der Klinge "gegen den Strich" knapp abgeschnitten werden? Dazu später.

Unser uraltes, angeborenes Abwehrsystem
Auf und in unserer Haut leben eine große Zahl von Bakterien, die vom angeborenen Immunsystem kontrolliert werden. ALLE Lebewesen beherbergen dieses archaische Abwehrsystem, auch Pflanzen, Einzeller und Bakterien. Also alle Lebensformen, die über einen genetischen Code verfügen. Dieses System ist zu unterscheiden von unserem erworbenen Immunsystem, das später während der Evolution dazu kam und erst mit der Geburt beginnt zu lernen. Es reagiert viel langsamer.
Bestimmte Zellen in der äußeren Hautschicht (Epithelschicht), aber auch andere Zellen des Körpers, produzieren kleine, kurzlebige Eiweiße (Peptide mit vorzugsweise nur 10 bis 40 Aminosäuren), welche die erste Abwehrlinie gegen Bakterien und andere Aggressoren darstellen. Wie erwähnt, alle Lebewesen verfügen über diesen Schutz der Antimikrobiellen Peptide (AMP). Man nimmt an, es gibt Milliarden verschiedene davon. Ca. 2.000 sind identifiziert. Eine Gruppe dieser Abwehrstoffe werden Defensine genannt. In der äußeren Hautschicht ist die Konzentration sinnvoll und besonders hoch. Hier können sie gegen eindringende Erreger und Substanzen agieren. Wird die oberste Hautschicht, das Epithel, bei der Rasur verletzt - das schräg stehende Haar lenkt die Klinge gegen die Haut und es wird ein kleiner "Epitheldiskus" abgeschnitten -, fehlen hier die AMP. Es entsteht dort ein juckender, roter Punkt, weil die erste Abwehrlinie fehlt und sich Bakterien unbehindert alle 20 Minuten verdoppeln können. Nach gut drei Stunden sind es demnach 1.000 Mal so viele Bakterien wie während der Rasur! Darum ist es üblich, im Falle einer geplanten Operation, die Zeit zwischen Rasur und Operation nicht über zwei Stunden dauern zu lassen. Die roten Punkte sind das sichere Zeichen einer beginnenden Entzündung, das Jucken das erste Stadium von Schmerz. Bei vielen Haaren entstehen viele rote Punkte, die oft für 2 -3 Tage ärgern. Erst dann gewinnt meistens das erworbene Immunsystem gegen die Eindringlinge. Besonders unangenehm ist das Jucken unter den Achseln und im Intimbereich. Hier sind die Bakterien eben zahlreicher. Zum Glück regeneriert das Epithel und damit das AMP-System sehr schnell und unser erworbenes Immunsystem schützt uns schließlich nach drei Tagen. Gewöhnlich passiert also nichts Ernstes. Invalidität oder Tod, wie eingangs beschrieben, sind sehr seltene Katastrophen.

Auch bei Anwendung unseres biomimetischen Defensins kommt es zur Rasur Wunde, aber nicht zur Rötung und Infektion, obwohl die erste natürlichen Abwehrfunktion gestört ist. Daraus lässt sich die Unterstützung des angeborenen Immunsystems durch unser biomimetisches Defensin direkt ableiten. Es ergänzt das Immunsystem sogar.

Das gleiche Wirkprinzip schützt bei Operationen: 
Die Operateure desinfizieren die Haut vor dem Schnitt. Das führt jedoch nie zur Keimfreiheit. Auch gibt es im gefilterten laminaren Luftstrom des OP-Saales noch Keime. Es kann zu gefährlichen Infektionen kommen, weil die AMP sich an den Grenzflächen der Operationswunde nicht ausreichend entfalten können und mit dem Ausmaß der Operationswunde überfordert sind. Es kommt in bis zu 15% aller Operationen zu Biofilmen und Infektionen. Unser biomimetisches Defensin behindert die Keimbesiedelung und Entstehung von Biofilmen in der Wunde; die Wunde bleibt infektionsfrei.

Wir machen uns das natürliche System der AMP (des angeborenen Immunsystems) zu Nutze
Ich nenne unser Mittel, mit dem wir 25 Jahre klinische Erfahrung haben und mit dem wir Infektionen vermeiden, "biomimetisches Defensin", weil es sowohl mit seinen elektro-chemischen Eigenschaften als auch in seiner biologischen Wirkung Ähnlichkeiten und Gleichheiten mit menschlichen biologischen Defensinen hat.
Unser biomimetisches Defensin
  • unterstützt unser angeborenes Immunsystem (und umgekehrt). Es wirkt am Menschen angewandt besser (in geringeren Konzentrationen) als in der Petrischale. Wir verhindern mit nur einem Drittel der Menge unseres biomimetischen Defensins Infektionen, Einem Drittel der Menge, wie sie im Laborversuch erforderlich ist. Ein Hinweis für die "Partnerschaft" [P] mit dem nativen Immunsystem. Es ist schwer zu sagen, wer wem hilft.
  • ist bei korrekter Dosierung nicht giftig für die Säugetierzelle. Es kann in der wirksamen Dosis unserem Körper kaum schädlich werden, weil unsere Zellen prinzipiell anders aufgebaut sind als Bakterien. Wenn es in unsere Zellen eindringt, wird es sofort endosomal isoliert, und von der DNA ferngehalten. Genau so reagieren Cathelicidine [P]. Bei Bakterien greift es die DNA sofort an und zerstört (verkürzt) die Chromosomen.
  • wirkt gegen fast alle Bakterien und tötet diese schnell, ohne ihnen die Chance einer Resistenzentwicklung zu lassen. Die Mechanismen sind vielfältig und "grausam". Es setzt genau wie die biologischen Defensine an der Zellmembran, an Zellorganellen und an der DNA an [P].
  • ergänzt und ersetzt die AMP dort, wo sie kaum oder nicht mehr vorhanden sein können, in nicht heilenden Wunden mit Gewebezusammenbruch [P]. Ich brachte 1996 eine Wunde (neben vielen anderen) nach 50 Jahren, eine weitere nach 42 Jahren mit unserem biomimetischen Defensin zur Heilung.
  • scheint Verbindung mit dem nativen Immunsystem aufzunehmen und darum die Regeneration von Gewebe zu fördern. Die Wundheilung nach Operationen ist um etwa 40% schneller. Die Defektheilung ist vollständiger [P]. Verschmutzte Schürfwunden können bei richtiger Verbandstechnik in 4 bis 7 Tagen reizlos überhäutet (epithelisiert) sein [P].
  • wirkt gegen mindestens 13 verschiedene Zelllinien bösartiger Tumoren (Patentschrift) [P]. AMP wirken gegen Krebs.
  • ermöglicht neue Therapien (z.B. Hautoperationen) mit kontrollierter sekundärer Heilung, die ohne biomimetisches Defensin den Patienten nicht zumutbar gefährden würden.
  • erreicht bei einer Form der Vaginitis mit einmaligem Kontakt mit der Hautoberfläche [P] Heilung, während mit einem Antibiotikum wenigstens 7 Tage Therapie erforderlich sind.
  • ist wirksam an der Hautoberfläche bei atopischer Dermatitis, wie Neurodermitis. Hier sind die Defensine (Cathelicidine) in den Epithelzellen vermindert; ein weiteres Beispiel für die Unterstützung und Ergänzung der biologischen Defensine [P].

Damit kann unser biomimetisches Defensin sehr viel von dem, was von biologischen Defensinen bisher bekannt wurde:
Wirksamkeit gegen Bakterien und Krebszellen; Kommunikation mit dem Immunsystem, Start- und Stopp-Signale für sich differenzierende Stammzellen; Immunmodulation mit Dämpfung überschießender Entzündungsreaktionen.
Ist es überzogen, hier von einer "Partnerschaft" [P] zu sprechen?

Ein Krankenhaus ohne Antibiotika: Bedeutung für einzelne Patienten und das Gesundheitssystem 
Neben der Verwendung unseres biomimetischen Defensins müssten bei einer postoperativen Infektionsrate von max. 0,2% etwa 500 Patienten mit Antibiotika prophylaktisch behandelt werden, um vielleicht eine einzige Infektion zu vermeiden (Number Needed to Treat NNT = 1:500). Das ist wegen der risikoreichen Nebenwirkungen und aus finanziellen Gründen nicht vertretbar.
Weil wir uns das körpereigene Abwehrsystem der Antimikrobiellen Peptide zu Nutze machen, benötigen wir in unserem Krankenhaus seit 2006 keinen Etat für Antibiotika. Wir wenden sie nicht an, weder prophylaktisch noch therapeutisch. Was folgt daraus?

  • Die gravierenden Nebenwirkungen von Antibiotika bleiben aus.
  • Die Wunden heilen besser (Antibiotika wirken hemmend auf die Wundheilung). 
  • Die körpereigene Flora des Patienten wird nicht gestört, sein Keimspektrum (die Mikrobiomata) nicht verzerrt. 
  • Die Resistenzlage beim Patienten wird nicht (ungünstig!) beeinflusst.
  • Es wird kein Beitrag zur weiteren katastrophalen Entwicklung multiresistenter Krankenhauskeime geleistet.
  • Die Machbarkeit wird bewiesen.
  • Es wird für das Gesundheitswesen Verantwortlichen ein Weg gezeigt, der kurzfristige Optimierungsschritte und weiterführende Untersuchungen induzieren sollte.
  • Ethik: Das seit 25 Jahren erfolgreiche Konzept zwingt zur sofortigen allgemeinen Umsetzung.

Die AMP sind ein weltweit aufgegriffenes Forschungsthema 
AMP werden seit 15 Jahren mit großem finanziellem Aufwand beforscht. Ziel ist es, wirksame Vorlagen aus der Natur nachzubauen (pattern building). Die Synthese von AMP ist schwierig, weil zu deren Herstellung genetisch programmierte Bakterien den angereicherten AMP selbst anheimfallen. Im Körper angewandt sind sie kurzlebig. Gelungen ist bisher nur die Synthese von Peptiden mit eng umschriebener Wirksamkeit. Sie sind teuer. Unser biometisches Defensin hat hingegen ein breites antibakterielles Spektrum, breiter als der bekannten Antibiotika, und es ist billig. Die Anwendung für eine größere Operation (2 - 4 Stunden) kostet ca. 5 €. Es gibt keine bakteriellen Resistenzmechanismen gegen diese Substanz, weil die Keime ihre Zellmembran elektro-chemisch verändern müssten. Dieser Resistenzmechanismus ist unbekannt. Im Übrigen ist der Zellzusammenbruch bei Bakterien (Zellwand, Organellen und DNA) zu schnell für die Entwicklung von partiellen oder kompletten Resistenzmechanismen.

Manche "Hilfsmittel" gegen Infektionen entpuppen sich als störend für die Wundheilung
Ein operatives Setting mit prinzipieller, fast "natürlicher" Infektionsfreiheit hilft die Toxizität antibakterieller Hilfsmittel zu untersuchen, weil das infektiöse "Rauschen" wegfällt und beispielsweise Wundheilungsstörungen zweifelsfrei der Toxizität des Hilfsmittels zugeordnet werden können. Beispiel: Fadenmaterial zum Hautverschluss, präpariert mit Triclosan. Wir haben in unserer infektionsfreien Operationsumgebung die zweifelsfrei schädliche Wirkung des Triclosan auf die Wundheilung bei empfindlichen Patienten feststellen können, weil Infektionen als Ursache nicht in Frage kamen. Das Fadenmaterial mit Triclosan ist bei uns längst verbannt. Auf seine antibakterielle Wirkung können wir verzichten.

Wir sind erfolgreich in der Partnerschaft mit dem archaischen, angeborenen Immunsystem
Neben der beinahe vollständigen Vermeidung von intraoperativen Infektionen bei nahezu 10.000 Operationen in Folge in über 23 Jahren (!!) können wir eine bedingte Garantie gegen Kapsel Fibrose nach Brustvergrößerungen geben. In der genannten "aktiven Partnerschaft" mit dem angeborenen Immunsystem haben wir Patienten mit chronischen Wunden und langwierigen Hauterkrankungen zur Heilung und Gesundung verholfen. Tumoren im Gesichtsbereich, deren klassische Versorgung mit Verschiebung von Hautflächen zu Entstellungen geführt hätten, konnten wir mit radikaler Entfernung der Tumore und offener Wundheilung mit spontaner Epithelbildung helfen.
Bei allen ästhetischen Prozeduren an der Haut (Needling, Dermabrasion u. a.) hat sich unser biomimetisches Defensin bewährt. Die Entfernung von unerwünschter Behaarung durch Rasur, Waxing oder Epilieren führt bei Anwendung des Mittels nie zu der gefürchteten Hautirritation. Die Haut ist nach der Rasur frei von Rötungen und Juckreiz. Sie ist seidig glatt. Sie bleibt frei von den Folgen einer Mini-Infektion.
Die Anwendung des biomimetischen Defensins erfolgt in unserer Klinik nur unter ärztlicher Verantwortung.

Bleiben Sie dran. Es kommen Nachrichten zur regenerativen Chirurgie mit neuen Therapiemöglichkeiten, die alte Verfahren ersetzen oder Krankheiten heilen, die bisher nicht operabel waren.

Dr. med. Michael Meinking

Ltd. Arzt der Medical Well Clinic Dresden


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